Wie der Educoin Lehrmittel demokratischer und innovativer machen könnte

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Auf die Entwicklung eines Lehrmittels haben nur wenige Lehrkräfte einen Einfluss. Gemeinsame Standards, gute Tools und der Educoin sollen Lehrmittel in Zukunft demokratischer, flexibler und moderner gestalten.

Das Thema Digitalisierung geistert schon seit 20 Jahren im Schulbereich herum. Im Vergleich mit anderen Branchen geht der Fortschritt aber sehr schleppend voran. Treibende Kräfte in dieser Entwicklung sollten eigentlich die Lehrmittelverlage sein, welche ihre Inhalte an die neuen Medien anpassen sollten. Sie haben es aber weder geschafft eine gemeinsame Plattform zu schaffen noch gemeinsame Standards für interaktive Inhalte zu formulieren. Es fragt sich, ob die Verlage überhaupt ein Interesse daran haben, dass sich an der Situation etwas ändert oder ob sie ihr bisheriges Geschäftsmodell in Gefahr sehen und deshalb nur halbherzig digitalisieren. Dazu einige Beispiele:

Ein Verlag wirbt auf seinen gedruckten Lektüren mit einem «augmented»-Angebot. Dazu musste man sich eine App auf das Smartphone laden und dann eine bestimmte Seite des Buches abfotografieren. Im Anschluss wird das entsprechende Buch erkannt und das Hörspiel der Lektüre ist verfügbar. Es gibt auch noch Verständnisfragen zum Buch, diese sind dann allerdings nur fix ins Buch gedruckt - ohne Lösungen. Also unter dem Begriff «augmented» stelle ich mir etwas anderes vor.

Derselbe Verlag schützt mit Lizenzcodes alle seine Onlineangebote. In den Büchern steht ein 12-stelliger Code aus Zahlen und Buchstaben, den die Schüler in ein Eingabefeld auf der Webseite eingeben müssen. Man kann sich vorstellen wie lange das dauert. Ich arbeite mit 5. Klässlern nicht mit Unistudenten. Warum muss man diese Inhalte schützen, wenn sowieso geschätzt 90% aller staatlichen deutschsprachigen Schulen in der Schweiz mit denselben Lehrmitteln arbeiten?

Ein Verlag feiert das Mitdrucken von QR-Codes zum interaktiven Inhalt auf jeder Schulbuchseite als grosse Innovation und das war nicht als Aprilscherz gemeint. Immerhin hat man erkannt, dass man in den unübersichtlichen Menüs sowieso nichts gefunden hat.

Was alle Verlage gemeinsam haben: Die Inhalte sind allesamt Blackboxes, man kann weder etwas ändern, noch hinzufügen, noch weglassen. Als Lehrer fühle ich mich von solchen Angeboten bevormundet. Meine Arbeit besteht zu einem grossen Teil aus dem Anpassen und Auswählen von Lerninhalten, die den Fähigkeiten meiner Schüler:innen entsprechen.

Gemeinsame Plattform, standardisierte Inhalte, gemeinsame Währung

Als Erstes bräuchte es eine gemeinsame Plattform von einer unabhängigen Organisation, welche als Marktplatz für alle Inhalte dient. Zweitens braucht es standardisierte Inhalte für Onlineübungen, diese gibt es zwar (z.B. SCORM) sie haben sich aber nie wirklich durchgesetzt. Ein neuer vielversprechender Standard ist bitmark, welcher viele Übungstypen und ein Modell für deren Kommerzialisierung anbietet. Hier kommt der Educoin ins Spiel: er ist eine virtuelle Währung für Unterrichtsmaterial. Denkbar wäre, dass jede Lehrkraft pro Klasse einen bestimmten Betrag an Educoins erhält. Mit diesem virtuellen Geld können entweder physische Schulbücher oder digitale Inhalte gekauft werden. Innovative Lehrkräfte können aber auch selber Inhalte anbieten und diese verkaufen. Der Erlös wird dann einem persönlichen Educoin-Konto gutgeschrieben. Mit diesem Betrag können dann weitere Inhalte erstanden werden, entweder für die persönliche Weiterbildung oder für die Klasse. Auch die Umwandlung in reales Geld wäre wieder möglich. Die Lehrmittelverlage müssen mit ihren Educoin-Einnahmen wieder die laufenden realen Kosten decken.

Da alle Inhalte in einem standardisierten Format verteilt werden bietet sich die Möglichkeit sie zu verändern und zu erweitern. Jede Lehrkraft könnte z.B. für die eigene Klasse einen «Remix» zusammenstellen. Das wären die vom Verlag gegebenen Übungen mit eigenen Angeboten in einer für die Klasse geeigneten Zusammenstellung. Lehrkräfte können auch diese Remixes mit dem entsprechenden Anteil für den Verlag wieder auf der Plattform zum Kauf anbieten. Da alle Angebote bewertet werden können, kann der Verlag aus den beliebtesten Remixes interessante Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Lehrmittels gewinnen. So würde die Erstellung von Lehrmitteln demokratischer und innovativer.

Auch Schülerinnen und Schüler lieben es eigene Quizzes zu erstellen und ihre Mitschüler herauszufordern. Mit einem gemeinsamen Standard und einfach zu bedienenden Tools wäre es problemlos möglich auch diese Unterrichtsform zu realisieren.

Weshalb der Educoin und nicht reales Geld?

Reales Geld ist in der Handhabung kompliziert: Bei jeder Transaktion fallen je nach Land Steuern und andere Abgaben an. Der Educoin, soll natürlich nicht dazu dienen Steuern zu hinterziehen oder Geld zu waschen, er soll aber als anerkanntes Tauschmittel dienen. Jedes Mal, wenn Educoins in reales Geld gewechselt werden, werden auch die staatlichen Abgaben bezahlt. Der Educoin, soll aber vor allem dazu dienen, die Wertschöpfung im Bildungsökosystem zu behalten und diese vor Spekulationen (wie z.B. beim bekannten Bitcoin) zu schützen. Mit der Blockchain-Technologie wäre es auch möglich den Educoin sicher und zuverlässig zu machen.

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